Projekt „Fit im Alltag“
Einführung und Relevanz: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko körperlicher Einschränkungen, Stürze werden häufiger und die Selbstständigkeit kann abnehmen. Bewegung und Aktivierung im Alltag älterer Menschen sind daher zentral für Gesundheitsförderung und Prävention. Gezieltes Training kann sogar bis ins hohe Alter positive Effekte erzielen: So ließen sich vielen Studien zufolge viele der jährlich rund 300.000 Stürze bei Senioren vermeiden, wenn diese körperlich aktiv blieben. Körperliche Bewegung trägt zur Aufrechterhaltung von Herz-Kreislauf-Gesundheit und Muskelfunktion bei, stabilisiert Knochen und Bindegewebe und stärkt das Immunsystem. Zugleich verbessert regelmäßige Aktivität die Mobilität und Koordination, senkt das Sturzrisiko und fördert die Alltagsunabhängigkeit – ältere Menschen können damit oft selbstständiger leben. Bewegung steigert außerdem die Lebensqualität: Sie setzt Endorphine frei, hebt die Stimmung und kann kognitive Fähigkeiten erhalten bzw. verbessern. Mit Blick auf den demografischen Wandel gewinnt das Thema „Fit im Alltag“ erheblich an Bedeutung: Aktive Senioren bleiben länger mobil und gesund, wodurch Pflegebedürftigkeit hinausgezögert wird.
Zielsetzung des Projekts: Das Projekt „Fit im Alltag“ zielt darauf ab, die körperliche, geistige und psychosoziale Gesundheit von älteren Menschen zu fördern. Konkret steht die Erhaltung bzw. Verbesserung der Alltagsfitness im Mittelpunkt.
Die Bewegungsangebote sollen insbesondere die Muskelkraft, Ausdauer, Beweglichkeit und das Gleichgewicht stärken, damit Senioren im täglichen Leben sicherer gehen und Aktivitäten selbstständig bewältigen können. Laut einem Praxisbericht erreichte das Pilotprojekt „Fit im Alltag“ der Volkshochschule Amberg-Sulzbach (2012–2013) genau diese Ziele: 40 Teilnehmende absolvierten über 25 Wochen ein Training mit Schwerpunkt auf Gangschulung und anspruchsvollen Gleichgewichtsübungen. Das Programm umfasste zudem Kräftigungs-, Ausdauer- und Mobilitätsübungen sowie eine Anleitung zum sicheren Heimtraining. Erreicht wurden dabei eine spürbare Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, eine deutlich reduzierte Sturzangst und bessere motorische Fähigkeiten. Im Sinne dieser Erfahrung lautet das übergeordnete Ziel: Selbstständigkeit im Alter erhalten, Stürze vermeiden und das Wohlbefinden fördern.
Vorteile und mögliche Nachteile: Bewegungs- und Aktivierungsprojekte wie „Fit im Alltag“ bringen vielfältige Vorteile. Physisch verbessert sich die Gesundheit: Bewegung senkt das Risiko chronischer Erkrankungen (etwa Herz-Kreislauf- oder Stoffwechselkrankheiten) und verlangsamt altersbedingten Muskel- und Knochenabbau. Balance- und Kraftübungen verringern nachweislich das Sturzrisiko und stärken das Sicherheitsgefühl. Auch geistig zeigen sich positive Effekte – Lernen und körperliche Aktivität zusammen fördern Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Stimmung. Sozial tragen Gruppenaktivitäten zum Gemeinschaftsgefühl bei; viele Teilnehmende berichten von höherer Lebensfreude und gestiegenem Selbstvertrauen durch gemeinsame Übungen. Insgesamt steigert eine kontinuierliche Aktivierung die Lebensqualität und verlängert die selbstständige Lebensphase.
Mögliche Nachteile oder Herausforderungen liegen in der Organisation und den individuellen Grenzen der Teilnehmenden. Die Vorbereitung eines solchen Projekts erfordert personelle Ressourcen, geschultes Fachpersonal und geeignete Räumlichkeiten. Bei unsachgemäßer Durchführung kann Überforderung oder Verletzungsrisiko bestehen, daher ist medizinische Abklärung (Sport-Check) vor Aktivbeginn wichtig. Manche Senioren benötigen intensive Motivation oder individuelle Anpassungen der Übungen. Insgesamt überwiegt jedoch der Nutzen die Risiken deutlich, wenn das Programm fachgerecht geplant und von qualifiziertem Personal angeleitet wird.
Planung und Umsetzung: Für die erfolgreiche Umsetzung von „Fit im Alltag“ empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen:
Bedarfsanalyse: Zunächst wird erhoben, welche körperlichen, kognitiven und sozialen Bedürfnisse die Zielgruppe hat (Mobilitätsgrad, Vorerkrankungen, Interessen). Auf dieser Basis können Inhalte passgenau definiert werden.
Team und Fortbildung: Ein interdisziplinäres Team aus Pflegekräften, Betreuungskräften, Physiotherapeuten und ggf. Hausärzten sollte eingebunden werden. Wichtig sind Schulungen oder Workshops, in denen Multiplikatoren lernen, wie man Trainingsinhalte vermittelt.
Programmgestaltung: Entscheidend ist ein ausgewogenes Konzept, das Bewegung, Kognition und Alltagsaktivierung verbindet. Als Grundlage dienen etablierte Konzepte wie das Trainingsprogramm aus dem VHS-Projekt oder Leitfäden der Sturzprävention. Übungen sollten sich leicht in den Alltag integrieren lassen (z. B. Stuhlgymnastik, Gehübungen, Gedächtnisspiele).
Material und Raum: Benötigt werden Alltagsmaterialien (Stühle, Bälle, Thera-Bänder, Haushaltsgegenstände) und ggf. Aushilfsmittel (Wasserflaschen als Gewichte, Bastelmaterial). Ein ruhiger, barrierefreier Raum (Gemeinschaftsraum, Bewegungsraum) bietet Sicherheit und Platz.
Zeitplanung: Regelmäßige Termine (z. B. wöchentlich oder mehrmals pro Woche) und eine ausreichende Dauer (mehrere Wochen) erhöhen den Trainingseffekt. Der „Alltagsfit“-Kurs kann als fortlaufendes Angebot geplant werden.
Anleitung: Jedes Programm beginnt mit einem Aufwärmen und endet mit Entspannungs- oder Dehnübungen. Die Schritte bei Übungen sollten klar erklärt und vorgemacht werden. Wiederholungen im Sitzen und Stehen werden angepasst an die Leistungsfähigkeit.
Evaluation: Fortschritte und Feedback der Teilnehmenden werden dokumentiert. Ziele (z. B. verbesserte Balance, mehr Alltagsaktivität) werden überprüft und das Programm bei Bedarf angepasst.
Wichtig ist eine enge Absprache zwischen Pflege und Betreuung – so kann die Aktivierung im Alltag, nicht nur in festen Übungsstunden, gelebt werden.
Umsetzung in verschiedenen Settings: Das Projekt „Fit im Alltag“ lässt sich flexibel an verschiedene Betreuungsformen anpassen:
Stationäre Pflege (Seniorenheim): Hier bietet sich die Durchführung von Gruppenkursen im Haus an. Zum Beispiel können Sitzgymnastik oder Sturzpräventionsübungen mehrmals wöchentlich in Gemeinschaftsräumen stattfinden. Auch Einzelbetreuung durch Pflegekräfte oder Alltagsbegleiter (z. B. beim Gang zum Speisesaal) kann genutzt werden, um Übungen in den Tagesablauf einzubauen. Wichtig ist, dass die Übungen allgemein verständlich sind und sowohl körperlich Belastbare als auch eingeschränkt Mobile mitmachen können (evtl. getrennte Gruppen nach Fähigkeitsniveau).
Ambulante Pflege: Pflegedienste und Alltagsbegleiter können „Fit-im-Alltag“-Impulse direkt zu Hause umsetzen. Beispielsweise integrieren sie kleine Aktivierungssequenzen bei Hausbesuchen (z. B. gemeinsames Aufstehen und Hinstellen, Tonusschulung beim Zähneputzen, Balanceübung beim Warten auf den Aufzug). Zusätzlich können ambulante Tagespflegeeinrichtungen oder Seniorennachmittage Bewegungsprogramme anbieten. Schulung der Angehörigen in einfachen Übungen (wie Stuhlgymnastik) ist hier besonders sinnvoll.
Betreutes Wohnen: In betreuten Wohnanlagen gibt es oft Gemeinschaftsräume oder Hofanlagen. Dort können wöchentliche „Fit-nach-Mittag“-Treffen stattfinden (z. B. ein Bewegungszirkel im Garten, Tanznachmittage im Gemeinschaftssaal). Da Bewohner im betreuten Wohnen meist noch relativ selbstständig sind, kann das Angebot auch stärker aktivitätsorientiert sein – etwa Spaziergruppen, kleine Fitnesskurse oder Kochevents zur Aktivierung von Alltagsfähigkeiten. Die Verknüpfung mit sozialem Austausch (z. B. gemeinsames Singen oder Spielen nach dem Training) erhöht die Motivation der Teilnehmenden.
In allen Settings gilt: Die Inhalte müssen auf die jeweilige Gruppe abgestimmt werden. Ältere, hochaltrige oder (teilweise) pflegebedürftige Menschen erfordern oft ruhigere, kürzere Einheiten und intensivere Beaufsichtigung. Gerade in Pflegeheimen ist die alltägliche Aktivität oft sehr gering, daher sind regelmäßige Angebote hier besonders wichtig. Ambulant gepflegte Senioren hingegen profitieren von einer engen Einbindung in ihre eigene Lebensumgebung (z. B. Übungen im vertrauten Wohnzimmer), damit sie auch zwischen den Treffen aktiv bleiben.
Aktivierungen zum Thema: Fit im Alltag
Sitzgymnastik:
Material: Stabile Stühle, ggf. leichte Hanteln oder gefüllte Wasserflaschen als Gewichte.
Schritt-für-Schritt-Umsetzung:
Die Senioren setzen sich aufrecht auf Stühle im Kreis. Es folgt ein kurzes Aufwärmen: Schultern kreisen, Nacken sanft dehnen. Anschließend heben alle gemeinsam langsam die Arme über den Kopf und strecken sich, dann senken. Im Sitzen werden Knie nacheinander Richtung Brust gehoben. Danach kreuzen alle abwechselnd die Beine (Rechter Fuß auf linkem Knie) und richten den Oberkörper auf, um die Hüftmuskulatur zu dehnen. Am Ende werden Füße und Hände geöffnet und geschlossen, um Hände und Füße zu mobilisieren. Abschließend entspannt man den Oberkörper nach vorne.
Beispiele: Körperlich kräftigt diese Übung Arm-, Schulter- und Rumpfmuskulatur; geistig können die Teilnehmenden einfache Rechenschritte durchführen („Wieviel ist 2+3?“) während sie Bewegungen ausführen; alltagspraktisch trainiert sie das sichere Aufstehen und Hinsetzen.
Vollständiger Beitrag auf:
Hauptseite Steady Blog - Aktivierungen ( > 2000 Aktivierungen inkl. Lexikon ab 9 € Monatlich)
oder – falls Sie nur die Lexikon-Beiträge lesen möchten – direkt unter Steady - Lexikon der sozialen Betreuung (Fachliche Sammlung für Betreuungskräfte ab 3 € Monatlich).
Kommentare
Kommentar veröffentlichen