Redensarten und Sprichwörter
Bücher und Lesebrille stehen symbolisch für das gespeicherte Wissen älterer Menschen, das sich in Redensarten ausdrückt.
Ältere Menschen sind oft mit klassischen Sprichwörtern und Redensarten aufgewachsen. Diese Redensarten haben häufig persönlichen Bedeutungswert und spiegeln Einstellungen der früheren Lebenswelt wider. In der Erinnerungs- und Alltagssprache der Senioren sind viele Sprichwörter tief verankert. Sie bieten damit natürliche Anknüpfungspunkte für Gespräche und Aktivierungsangebote. Beispielsweise können Bewohner, die sonst wenig sprechen, oft plötzlich komplette vertraute Sprichwörter rezitieren, auch wenn sie sich an andere Details nicht erinnern. Durch diesen persönlichen Bezug entsteht Nähe und Vertrautheit: Redensarten sind somit ein wichtiger Teil der biografischen Erinnerungskultur älterer Menschen.
Zielsetzung: Kognitive, kommunikative und emotionale Effekte
Kognitive Aktivierung: Das Verstehen und Vervollständigen von Sprichwörtern trainiert Gedächtnis und Wortfindung. Bekannte Redensarten liegen im Langzeitgedächtnis vor und können gerade bei demenziell veränderten Senioren abgerufen werden. Dadurch werden Wortschatz und assoziative Denkstrukturen gefestigt und Geistesaktivität gefördert.
Sprachlich-kommunikative Förderung: Redensarten regen zum Sprechen und Zuhören an. Sie dienen als Anstoß für Gespräche im Gruppen- oder Einzelsetting. Der Austausch über Bedeutung und Anwendung bietet Sprechgelegenheiten und stärkt das Gesprächsverhalten. Insbesondere spielerische Aktivitäten wie das gemeinsame Vervollständigen eines Sprichworts schaffen Dialogsituationen und Erfolgserlebnisse.
Biografische Anknüpfung: Viele Redensarten stammen aus dem Erfahrungs- und Lebenskontext der Bewohner. Beim Erklären oder Erinnern an Sprichwörter können persönliche Lebensgeschichten aufleben. So kann etwa die Frage „Wo hört die Freundschaft auf?“ Erinnerungen an alte Freundschaften oder Lebensregeln wecken. Die Biografiearbeit wird gestärkt, weil Erlebtes und Gelebtes mit den Redensarten verbunden werden kann.
Emotionale Wirkung: Erfolgserlebnisse beim Erraten oder Erklären steigern das Selbstwertgefühl und heben die Stimmung. Ein Sprichwort richtig zu vervollständigen erzeugt Freude und Stolz. Humorvolle oder lebensnahe Redensarten lösen oft Lachen oder Zustimmung aus. So wird nicht nur das Gedächtnis, sondern auch die Gefühlswelt angesprochen – Vertrauen und Spaß im Miteinander steigen.
Chancen und Herausforderungen im Betreuungsalltag
Chancen:
Viele Redensarten sind fest im Langzeitgedächtnis älterer Menschen verankert, sodass sie auch bei kognitiven Einschränkungen abgerufen werden können.
Sprichwörter bieten einen einfachen Einstieg in Gespräche und Gruppenspiele. Das gemeinschaftliche Erraten schafft soziale Interaktion und Erfolgserlebnisse.
Die Beschäftigung mit Redensarten kann die Biografiearbeit ergänzen, indem sie Erinnerungen an persönliche Erfahrungen weckt. Dadurch kann Identität und Kontinuität gestärkt werden.
Herausforderungen:
Abstrakte Metaphern und bildhafte Sprache hinter Redensarten können für demenziell veränderte Personen oder bei eingeschränktem Sprachverständnis schwer fassbar sein. Eine zu hohe Komplexität kann Verwirrung und Frustration auslösen. Hier sind Anpassungen erforderlich.
Manche Redensarten entstammen einer anderen Zeit oder Kultur und sind heutigen Senioren möglicherweise nicht geläufig. Auswahl und Erläuterung müssen sorgsam erfolgen.
Bei fortgeschrittener Demenz kann bereits das Prinzip eines Rätsels überfordernd sein. Zu schnelles Sprechen, zu viele Optionen oder ein Wettbewerbsdruck sollten vermieden werden. Langsames und geduldiges Heranführen mit Unterstützung ist hier nötig.
Methodische Umsetzung und Materialien
Geeignete Redensarten auswählen: Wählen Sie kurze, geläufige Sprichwörter ohne regionale oder veraltete Ausdrücke. Redensarten mit bildhafter, aber einfacher Sprache sind geeignet („Morgenstund’ hat Gold im Mund“, „Aller Anfang ist schwer“). Vermeiden Sie zweideutige oder negativ behaftete Sprüche. Klären Sie im Team, welche Redensarten zur Bewohnergruppe passen.
Gesprächs- und Vorleserunden: Stellen Sie im Kreis eine Redensart vor, z.B. indem ein Betreuer den ersten Teil laut vorliest und die Bewohner vervollständigen lässt. Dies kann in ruhiger, klarer Sprechweise geschehen. Wenn nötig, geben Sie beim Vorlesen den Rhythmus vor oder bieten Sie stilles Nachlesen an, damit das Suchen leichter fällt. Das Ziel ist nicht Wettbewerbsdruck, sondern kleine Erfolgserlebnisse. Vorlesegeschichten oder Gedichte, in die Sprichwörter eingebettet sind, laden ebenfalls zum Mitmachen ein. Dabei werden Sprichwortlücken vorgelesen, die Senioren ergänzen die fehlenden Wörter – eine Form des gedächtnistrainierenden Mitmachens.
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