Wahrnehmungsförderung

Einführung – Begriff und Relevanz: Unter Wahrnehmungsförderung versteht man gezielte Maßnahmen, die die Sinneskanäle älterer Menschen ansprechen und trainieren. Durch solche Angebote können z. B. Sehen, Hören, Fühlen, Riechen oder Schmecken stimuliert und die Gesamtwahrnehmung geschärft werden. Ziel ist es, das Bewusstsein für den eigenen Körper und die Umgebung zu stärken – ein Ansatz, der etwa in der Basalen Stimulation genutzt wird. Gerade im Alter verlieren die Sinnesorgane allmählich ihre Leistungsfähigkeit: Die Linse des Auges verliert Elastizität (Alterssichtigkeit), es treten Blendempfindlichkeit und Makuladegeneration auf. Gleichzeitig nimmt bei vielen Menschen ab 60 Jahren das Hörvermögen ab, sodass z. B. über 70 % der über 80-Jährigen leichte Schwerhörigkeit aufweisen. Auch Geruchs- und Geschmackssinn schwinden mit dem Alter – etwa ein Drittel der Über-80-Jährigen ist nahezu anosmisch (riecht kaum noch). Der Gleichgewichtssinn lässt nach, was Stürze und Schwindel begünstigt. Da mehrere Sinneseinschränkungen gemeinsam die Lebensqualität und Selbstständigkeit im Alter stark beeinträchtigen können, gewinnt ihre Förderung an Bedeutung. Sinneseinschränkungen gehen oft mit kognitiven und emotionalen Folgen einher (z. B. Demenz- oder Depressionsrisiko). Entsprechend zielt die Wahrnehmungsförderung darauf ab, diese negativen Effekte abzumildern und die verbliebenen Fähigkeiten bestmöglich zu unterstützen.

 

Wahrnehmungsförderung

 

Zielsetzung der Wahrnehmungsförderung

  • Sensorische Fähigkeiten erhalten und stärken: Durch gezielte Übungen sollen alle Sinne angesprochen und trainiert werden (Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken sowie vestibuläres Gleichgewicht und Körpergefühl). Eine Verbesserung der Sinneswahrnehmung kann dazu beitragen, die Umwelt bewusster wahrzunehmen und alltägliche Handlungen zu erleichtern.

  • Kognitive Ressourcen aktivieren: Sinnesreize regen das Gehirn an und können Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Orientierung fördern. So zeigen Studien, dass etwa eine verbesserte Sehschärfe (z. B. nach einer Katarakt-Operation) messbar die kognitiven Leistungen steigert und das Risiko eines weiteren Leistungsabbaus senkt.

  • Selbstständigkeit erhalten: Wer seine Sinne aktiv nutzen kann, bleibt länger unabhängig. Gut trainierte Sinne unterstützen z. B. die Mobilität (schärferes Sehen und Hören vermindern Sturzgefahr) und fördern das Erinnerungsvermögen (z. B. wiedererkennen von Gerüchen oder Musik). Studien betonen, dass Einschränkungen der Sinne eng mit vermindertem Alltagsbewältigungspotenzial und Verlust der Lebensqualität verbunden sind. Durch Förderung der Wahrnehmung sollen diese Verluste gemildert und möglichst viel Selbstbestimmung erhalten bleiben.

  • Emotionales Wohlbefinden stärken: Positive Sinneserfahrungen steigern das Wohlgefühl und können Angst oder Unruhe lindern. Beispielsweise lösen bestimmte Düfte (Lavendel, Zitronenmelisse) im Gehirn Glückshormone aus, was Ängste vermindert und Entspannung fördert. Insbesondere Menschen mit Demenz können durch vertraute Gerüche oder Musik aktiviert werden: Sie erleben sogenannte „wache Momente“ und weniger innere Unruhe.

  • Soziale Teilhabe fördern: Sinnesanregungen finden oft in Gemeinschaft statt. Durch gemeinsame Aktivitäten (z. B. gemeinsames Essen, Musik, Basteln) wird die Kommunikation angeregt. Dabei spielt die Selbstbestimmung eine große Rolle: Angebote sollen freigestellt und individuell anpassbar sein (es gilt: alles kann, nichts muss). Dies erhält die Würde der Betroffenen und motiviert zur Teilnahme.

     

Chancen und Grenzen der Wahrnehmungsförderung

Vorteile: Sinnesfördernde Angebote sind sehr vielseitig einsetzbar und können passgenau an die Fähigkeiten jeder Person angepasst werden. Sie bieten Abwechslung und schaffen positive Erlebnisse – dies wirkt motivierend für die Betreuten und gibt den Betreuungskräften kreative Gestaltungsmöglichkeiten. Pflegekräfte berichten, dass Musik, Düfte oder haptische Reize oft eine spürbare Verbesserung der Stimmung und Aufmerksamkeit bewirken. Durch gemeinsame Sinneserlebnisse im Gruppenangebot (z. B. ein Duft‐ oder Musikcafé) wird zudem das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Langfristig können bessere Sinneswahrnehmungen die Selbstständigkeit unterstützen: So geht etwa eine geringere Schwerhörigkeit mit deutlich höherer Sturz- und Demenz-Wahrscheinlichkeit ein, was darauf hinweist, dass frühzeitiges Fördern der Hörwahrnehmung auch Alten Krankheitsfolgen entgegenwirken kann.

Nachteile und Grenzen: Die Durchführung solcher Angebote erfordert Zeit, Planung und oft zusätzliches Material. Nicht immer zeigen sich sofort starke Effekte, besonders bei schweren kognitiven Beeinträchtigungen. Sinnesübungen können das betreffende Gefühl auch überfordern, wenn zu viele oder unpassende Reize gleichzeitig dargeboten werden. Pflegekräfte sollten daher die Angebote achtsam dosieren („Weniger ist manchmal mehr“). Da jeder Duft oder jedes Geräusch individuell empfunden wird, können einzelne Reize auch unangenehm wirken. Eine ständige „Dauerberieselung“ (etwa durch durchgehende Duftdiffusion) sollte vermieden werden, um Gewöhnungseffekte und Unwohlsein zu verhindern. Ebenso kann das Angebot nicht über Nacht standardisiert werden – es besteht die Gefahr, dass bei Demenzkranken ein Angebot heute Wirkung zeigt und morgen nicht. Deshalb sind Beobachtung und Feinfühligkeit notwendig. Schließlich erfordert die erfolgreiche Umsetzung Schulung und Erfahrung der Betreuungskräfte. In der Praxis muss ein gutes Mittelmaß gefunden werden, damit der Aufwand (z. B. für Räume, Material oder spezielle Geräte) in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen steht.

 

Umsetzung in der Praxis

Verschiedene Wahrnehmungsbereiche

Alle Sinneskanäle lassen sich gezielt ansprechen, um die Wahrnehmung zu stimulieren. Folgende Bereiche können dabei unterschieden werden:

  • Visuelle Wahrnehmung: Das Sehvermögen geht im Alter häufig zurück. Hilfreich sind kontrastreiche Angebote (gute Beleuchtung, deutlich erkennbare Farben und Formen). Lesen in großer Schrift, Betrachten von Fotos oder Kunst, das Anschauen von Naturfilmen oder Dia-Shows weckt visuelle Aufmerksamkeit. Bewegte Bilder sind besonders anregend, da unser Sehsinn evolutionär auf Bewegung ausgelegt ist: „Auch heute noch liebt unser Sehsinn bewegte Bilder“. Projektoren für Tagesmotive, ein Dia-Karussell oder Schneekugelprojektionen können visuelle Reize abwechslungsreich gestalten. Sind Sehhilfen vorhanden, sollte auf deren korrekte Anwendung geachtet werden. Bei stark eingeschränkter Sicht geben kontrastreiche Leuchtpunkte (z. B. Lichtspiele) und freundliche Stimmansagen der Pflegekraft Orientierung, damit sich die Person sicher fühlt.

  • Auditive Wahrnehmung: Schwerhörigkeit ist häufig. Sinnvoll ist das regelmäßige Trainieren mit Musik oder auditiven Spielen (z. B. Ratespiele: „Welches Instrument klingt?“, Tiergeräusche erkennen). Gut hörbare Hörbücher oder Radiosendungen für Senioren können Freude bringen. Wichtig ist, Störgeräusche zu minimieren (ruhige Umgebung). Klangschalen, sanfte Musik oder Glockenspiele stimulieren das Gehör – selbst Vibrationen werden oft noch wahrgenommen, wenn das Hören sehr nachgelassen hat. Ist das Gehör stark reduziert, können Geräusche auch als sanfte Schwingungen (z. B. leichte Handauflegen mit vibrieren‐ den Geräten) eingesetzt werden, da Vibrationsempfindungen den auditiven Sinn ergänzen.

  • Taktile Wahrnehmung (Tastsinn): Der Haut- und Tastsinn kann mit vielen Materialien stimuliert werden. Weiche Decken, unterschiedliche Stoffe oder Sand‐ und Wasserspiele laden zum Fühlen ein. In der Basalen Stimulation werden z. B. sanfte Berührungen (Streicheln, Massieren) genutzt, um die Körperwahrnehmung anzuregen. Spezielle „Nesteldecken“ und Fühlkissen mit verschiedenen Materialien (Kunstfell, Wolle, Papier, Holzstücke, getrocknete Kräuter) bieten vielfältige haptische Eindrücke. Auch alltägliche Aktivitäten wie Waschen mit unterschiedlichen Bürsten oder das Greifen nach vertrauten Gegenständen (Holz, Stoffe, Kieselsteine) fördern den Tastsinn. Dabei ist stets auf Wärme (aber keine Hitze) und sanften Druck zu achten, um kein Unbehagen auszulösen.

  • Gustatorische Wahrnehmung (Geschmack): Auch der Geschmackssinn lässt nach. Demenzkranke bevorzugen oft süße Speisen, weil sie saure oder bittere Nuancen schlechter wahrnehmen. Daher können leicht süßliche Gewürze (z. B. Zimt im warmen Porridge) den Appetit steigern. Geschmacksspiele (z. B. Erkennen von gelutschten Bonbons oder Fruchtstücken) machen Spaß und trainieren die Geschmacksrichtung. Wichtig ist, immer auf Diätvorschriften und Schluckfähigkeit zu achten – feste Snacks oder Gemeinschaftskochen (zum Riechen, Probieren) sollten individuell angepasst werden.

  • Olfaktorische Wahrnehmung (Geruch): Düfte gelangen direkt in unser emotionales Gedächtnis (limbisches System) und wecken Erinnerungen. Daher sollte man bekannte, angenehme Düfte (Kaffee, frische Kräuter, Blumen, Ätherische Öle wie Lavendel oder Zitrone) bewusst einsetzen. Kurzzeitige Aromastimulation mit Duftlampen oder Duftsteinen wirkt belebend oder beruhigend. Studien belegen, dass Lavendel- und Zitronenmelisse-Duft bei älteren Menschen entspannend wirkt. Auch in Gruppen kann man z. B. gemeinsam ein Kräuterduft-Ratespiel machen. Wichtig ist jedoch der sorgsame Einsatz: Duftstoffe wirken sehr subjektiv, können allergisch reagieren oder aufdringlich sein. Ständige Beduftung ist zu vermeiden (es tritt Gewöhnung ein), und die Person sollte stets die Möglichkeit haben, den Duft abzulehnen.

  • Vestibuläre Wahrnehmung (Gleichgewicht): Der Gleichgewichtssinn nimmt im Alter ab, viele Senioren leiden unter Schwindel und unsicherem Gang. Die Förderung umfasst vorsichtiges Bewegungstraining: etwa leichte Gymnastik mit Bällen, Haltungsspiele (Gewichtsverlagerung), Balancierübungen (z. B. barfuß über Mattenstapel gehen) oder Schaukeln im Sessel. Sichere Spaziergänge im Garten (auf verschiedenen Untergründen wie Sand oder Kies) regen den Gleichgewichtssinn an. Wichtig ist eine sichere Umgebung (Sturzrisiken minimieren!). Ein gezieltes Gleichgewichtstraining kann Sturzangst und damit verbundene soziale Einschränkungen reduzieren.

  • Propriozeptive Wahrnehmung (Körperlage): Diese Empfindung meldet die Stellung des eigenen Körpers im Raum. Übungen, die die Gelenke leicht belasten (z. B. Ballspiele, Handgymnastik mit Gegengewichten) oder das bewusste Spüren von Körperpositionen (z. B. „Der Fuß spürt den Boden“) verbessern das Körpergefühl. Barfuß-Gehen über verschiedene Unterlagen (Wiese, Sand, weiche Unterlagen) stärkt propriozeptive Reize. Ein sicheres Liegen oder Sitzen mit spürbaren Körpergrenzen (z. B. eng anliegende Kleidung) kann ebenfalls das Bewusstsein für den eigenen Körper fördern.

     

Methodische Grundsätze

Wahrnehmungsförderung sollte immer biografie- und bedürfnisorientiert erfolgen: Die Angebote richten sich nach individuellen Vorlieben und Fähigkeiten. Folgende Prinzipien sind dabei hilfreich:

  • Achtsamkeit und Zeit: Geben Sie den Betroffenen ausreichend Zeit, um den Reiz zu verarbeiten. Bei jeder Sinneserfahrung gilt: In der Ruhe liegt die Kraft. Zu hastige oder zu viele Reize zugleich überfordern. Beobachten Sie deshalb genau, wie die Person reagiert, und passen Sie Ihr Tempo an.

  • Rituale und Sicherheit: Führen Sie Rituale ein (z. B. eine kurze Ansprache oder Berührung an der Schulter zu Beginn und Ende), damit die älteren Menschen wissen, wann das Angebot beginnt und endet. Diese Verlässlichkeit vermittelt Sicherheit. In Situationen mit starker Sinnesreizung (z. B. stark duftende Öle) sollten Betreuungskräfte die Person nicht unbeaufsichtigt lassen und gegebenenfalls durch freundliche Berührung Sicherheit geben.

  • Respekt und Selbstbestimmung: Lassen Sie die Person wählen und sagen Sie frei nach dem Motto: Alles kann, nichts muss. Wenn ein Angebot abgelehnt wird, akzeptieren Sie das ohne Zwang. So bleibt die Selbstbestimmung gewahrt. Fördern Sie Angehörige und Mitbewohner dazu, bei den Angeboten unterstützend dabei zu sein, um soziale Bindung zu stärken.

  • Biografiearbeit: Greifen Sie auf vertraute Elemente zurück, die positive Erinnerungen wecken (etwa Lieblingsmusik, vertraute Gewürze oder Handarbeiten aus der Jugend). Die persönlichen Vorlieben sind oft der Schlüssel zu großer Motivation. Studien zeigen, dass bei Menschen mit Demenz Düfte und Klänge an lange zurückliegende Erlebnisse anknüpfen können und innere Unruhe verringern.

  • Ganzheitlicher Ansatz: Nutzen Sie Multisensorik, indem Sie mehrere Sinne gleichzeitig ansprechen (z. B. beim Basteln – Sehen, Fühlen und Hören durch Musik im Hintergrund). Konzepte wie Snoezelen oder Basale Stimulation integrieren typischerweise alle Sinne und verfolgen das Ziel, Nähe und Orientierung zu geben. Die Gestaltung sollte übersichtlich sein, ohne Reizüberflutung: Weniger Angebote in guter Qualität sind oft wirksamer als zu viele gleichzeitig.

     

Gruppen- und Einzelangebote

Gruppenaktivitäten: Im Gruppenverband lassen sich Sinnesangebote besonders lebendig gestalten. Beispiele sind gemeinsame Musik- oder Singkreise, das Musizieren mit Glockenspielen oder Trommeln, aromatische Kaffee- oder Teerunden (wo verschiedene Düfte und Geschmäcker erraten werden) und Koch- oder Backgruppen (Geruch, Geschmack und Motorik). Auch gemeinsame Spaziergänge (Sehen von Natur und Hören der Umgebungsgeräusche) stärken das Gemeinschaftsgefühl. Sinnesparcours werden oft als Stationsbetrieb organisiert: Mehrere Tische sind jeweils mit einem Sinnesthema bestückt (z. B. Riechen an Kräutergläsern, Fühlen unterschiedlicher Stoffe, Hören von Klangdosen). Ein solcher Parcours ermöglicht den Teilnehmenden, in ihrem eigenen Tempo jede Station zu besuchen und schafft Abwechslung.
Einzelangebote: Individuelle Einheiten erlauben eine noch stärkere Anpassung. Dazu gehören zum Beispiel Massagen oder Handwickeln zur Berührungssensibilisierung, basale Stimulation im Liegen (temperierte Wasserreize oder sanfte Berührungen am Körper), das gezielte Anreichen von Lieblingsgerüchen zum Einatmen oder eine persönliche Foto- oder Klangkiste. Auch Einzelmusiktherapie, spezielles Vorlesen (Sehender Blickkontakt, ggf. fühlbare Bilderbücher) oder das Ausprobieren von Tastkisten (gegenstände ertasten und erkennen) bieten sich an. In allen Fällen gilt: Beginnen Sie sanft und signalisieren Sie durch Ansagen oder Berührung stets Respekt und Vertrauen. Sinnesanregungen dürfen nur angenommen oder abgelehnt werden – so bleibt die Person im Mittelpunkt.

 

Gestaltung von Räumen und Materialien

Die Umgebung sollte die Sinne stimulieren, aber nicht überfluten. Idealerweise gibt es spezielle Sinnesräume oder -ecken (z. B. ein Snoezelen-Zimmer) mit sanfter Beleuchtung (bunte LED-Lichter, Sternenhimmelprojektor), leiser Musik, Duftlampen und weichen Sitzmöbeln. Eine ruhige Atmosphäre ist wichtig: „Sorgen Sie für eine entspannte und ungestörte Atmosphäre“, damit die Betroffenen die Reize wirklich aufnehmen können. In Gemeinschaftsräumen können ansprechende Bildergalerien, ein mobiles Herbarium oder Wintergartenpflanzen Düfte und visuelle Eindrücke bieten. Materialkisten mit unterschiedlichen Texturen (Holz, Stoff, Naturmaterialien) laden zum Spielen und Experimentieren ein – hierbei können immer wieder neue Gegenstände ausgetauscht werden. Auf den Fluren oder im Garten können taktile Pfade und Fühlbretter montiert werden (z. B. mit Rillen, Noppen, verschiedenen Stoffen beklebt) – barfußlaufen über Matschenbecken oder Rindenwege stärkt gleichzeitig das Gleichgewicht. Für Sehbehinderte hilft markante Kontrastgestaltung (hell-dunkel Kontraste, große Symbole). In Essbereichen unterstützen große, bunte Teller und Speisen mit intensiven Farben die Seh– und Geschmackserfahrung. Beim Einsatz von Duftölen ist auf individuelle Vorlieben und mögliche Allergien zu achten. Generell gilt: Bauen Sie sinnliche Reize bewusst in den Alltag ein (z. B. durch eine gut riechende Handcreme beim Eincremen, sanfte Fußmassagen oder Blick auf den Himmel im Freien). So wird die Wahrnehmungsförderung fester Bestandteil des Alltags, der Lebensfreude und Teilhabe älterer Menschen zugutekommt.

 

Konkrete Praxisbeispiele

  • Sinnesparcours: Mehrere Stationen bieten verschiedene Sinneseindrücke. Ein Beispiel: Auf einem Tisch stehen riechende Gläser mit Gewürzen (Ratespiel „Welches Gewürz rieche ich?“), daneben Fühlbeutel mit Stoffen oder Naturmaterialien zum Ertasten und ein Tablett mit Obststücken zum Schmecken. Ein Projektor wirft Muster an die Decke (visuelle Reize), im Hintergrund läuft leise Naturmusik. Die Senioren durchlaufen im eigenen Tempo alle Stationen. Dabei kann jede Station speziell vorbereitet sein – etwa eine Fühlkiste mit biografischen Gegenständen (ein alter Fotoalbum-, Zeitungsausschnitt oder ein Stück Holz aus dem ehemaligen Garten). Solch ein Parcours spricht gleichzeitig mehrere Sinne an und weckt oft Gespräche über Erinnerungen.

  • Klangschalen-Übung: In Einzel- oder Kleingruppen setzen Pflegende tibetische Klangschalen sanft an den Körper der Senioren oder schlagen sie in Hörweite an. Die tiefen Klänge und leichten Vibrationen wirken entspannend und wecken das Körperbewusstsein. Schon das Zuhören mit geschlossenen stellt akustische Wahrnehmung dar. Laut Studien löst ruhiger Lavendel‐ und Melissenduft in solcher Situation ebenso Entspannung ausmedwing.com. Zwischen einzelnen Schlägen wird abgewartet, bis der Ton verklingt – so wird der Geist zur Ruhe gebracht. Diese ruhige Rhythmisierung kommt auch Menschen mit Demenz entgegen, die so kurzzeitig ins Hier und Jetzt finden können.

  • Aromastimulation: Regelmäßige kleine „Duftrituale“ können das Wohlbefinden fördern. Zum Beispiel verteilt man in einem Raum frisch gemahlenen Kaffee oder lässt im Wintergarten Pfefferminz- und Orangenöl auf einem Duftkissen verdunsten. Pflegekräfte fragen gezielt nach Lieblingsgerüchen (Blumen, Kräuter, Parfüm) und verwenden diese. Studien belegen, dass bestimmte ätherische Öle Ängste lösen und positiven Einfluss auf Psyche und Schlaf haben. Wichtig ist das achtsame Angebot: Man bietet Düfte einzeln an, beobachtet die Reaktion und lässt den Duft nach der Sitzung verfliegen, damit sich niemand unwohl fühlt. Ein solches Angebot kann z. B. im Rahmen einer Biografieeinheit geschehen, in der Altöl – wie Rosen- oder Lavendelöl – in eine Serviette gegeben und besprochen wird.

  • Fühlbox / Tastbrett: Eine abschließbare Kiste wird mit verschiedenen texturierten Materialien gefüllt: Kiesel, Filzplatten, spitze Tannenzapfen, samtweiche Stoffe, glatte Glasperlen oder weiche Federbänder. Die Betreuten dürfen mit verbundenen Augen in die Kiste greifen und die Gegenstände ertasten. Anschließend wird diskutiert, was sie gefühlt haben. Auch fest angebrachte Tastbretter an den Wänden (mit eingravierten Mustern, Kork, Rädern, Plüschflächen) laden zum Entdecken ein und aktivieren die taktile Wahrnehmung bei einfachem Greifen und Fühlen. Diese Angebote können sowohl in Einzel- als auch Gruppensituationen eingesetzt werden. Dabei ist es ratsam, immer nur wenige Objekte zugleich einzusetzen, um Überforderung zu vermeiden.

  • Barfuß-Parcours: Ein kleiner Parcours im Hausflur oder Therapieraum, auf dem Senioren ohne Schuhe über unterschiedliche Untergründe laufen können – etwa Wiese (Kunstrasen), Sand, Holzstäbchen und Gummi-Noppenmatten. So werden taktile, propriozeptive und vestibuläre Sinnesreize kombiniert. Die Füße nehmen diverse Druck- und Temperaturreize wahr, während das Gleichgewicht beim Laufen aktiviert wird. Begleitend kann leise Musik gespielt oder ein parfümierter Teppich verlegt werden, um auch auditive und olfaktorische Anreize zu setzen.

Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig Wahrnehmungsförderung in der Praxis umgesetzt werden kann. Durch einfühlsame Begleitung und angemessene Dosierung der Reize lassen sich positive Sinneserfahrungen schaffen, die den Alltag älterer Menschen bereichern und ihre Lebensqualität steigern.

 

Übungen zur Sinnesförderung

Vielfältige Sinnesanregungen fördern die Lebensqualität älterer Menschen. Wahrnehmungsspiele bringen Abwechslung und Freude in den Alltag und schulen dabei ganz nebenbei die Sinne. Sinnliche Angebote steigern das Wohlbefinden, stärken Selbstvertrauen und soziale Teilhabe und schützen vor Einsamkeit.

Visuelle Wahrnehmung

Mit visuellen Übungen (Sehen) werden Bilder, Formen und Farben bewusst wahrgenommen. Das Erkennen von Gegenständen, Mustern oder Veränderungen im Sichtfeld trainiert Aufmerksamkeit und Gedächtnis. Beispielsweise kann man wie empfohlen gezielt nach geometrischen Formen in der Umgebung suchen, um die visuelle Aufmerksamkeit zu schärfen.

 

Makro-Bilder erraten

Wahrnehmungsbereich: visuell

Zielgruppe: Menschen mit und ohne Demenz

Materialliste: Digitalkamera oder Handy mit Makro-Linse, Ausdrucken von Nahaufnahmen (Makro-Bilder) von Alltagsgegenständen (zum Beispiel eines Schlüssels, einer Uhr oder eines Kaffeebechers), Tafel oder Tisch zum Auslegen der Bilder.

Anleitung zur Durchführung:
1. Fotografieren Sie einige vertraute Gegenstände sehr nah (Makro), so dass nur ein Detail zu erkennen ist.
2. Drucken Sie die Fotos aus oder zeigen Sie sie am Bildschirm.
3. Zeigen Sie den Teilnehmenden nacheinander je ein Bild.
4. Lassen Sie raten, welcher Gegenstand abgebildet ist.
5. Geben Sie gegebenenfalls Hinweise (Farbe, Form). Schwieriger für kognitiv fitte Senioren, leichter machen mit offensichtlicheren Bildern.

Praxisbeispiel: In einer Gruppe hat die Betreuungskraft Nahaufnahmen von Objekten aus dem Wohnbereich vorbereitet (zum Beispiel Gabelzinken, Holzmuster einer Kiste). Die Senioren sehen die Fotos und versuchen reihum zu erraten, was dargestellt ist. Dabei kommen die Gruppe ins Gespräch und teilt Erinnerungen (z.B. „Das ist wie unser alter Aschenbecher.“).



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