Stuhlgymnastik

Stuhlgymnastik ist eine spezielle Form der Gymnastik, bei der die Teilnehmenden sitzende Positionen einnehmen. Wie der Name schon sagt, finden alle Bewegungen im Sitzen statt. Dies macht die Übungen sicherer, weil der Stuhl viel Halt gibt und das Sturzrisiko erheblich sinkt. Sitzgymnastik wurde ursprünglich konzipiert, um älteren oder motorisch eingeschränkten Menschen Sport und Bewegung zu ermöglichen. Oft lassen sich gängige Gymnastikübungen (z. B. Armkreisen, Beinheben) so abwandeln, dass sie im Sitzen ausgeführt werden können. In vielen Pflegeeinrichtungen und Tagespflegegruppen ist Sitzgymnastik deshalb fester Bestandteil des Betreuungsangebots. Neben der körperlichen Bewegung bringt sie den Bewohnern Freude an der Gemeinschaft: Gemeinschaftsübungen und Sitztänze fördern das soziale Miteinander.

 

Stuhlgymnastik

 

Zielsetzung der Stuhlgymnastik

Die Stuhlgymnastik verfolgt mehrere Ziele – körperliche, psychische und soziale Aspekte spielen eine Rolle.

  • Physische Ziele: Die Übungen stärken Muskulatur und Beweglichkeit, insbesondere im Oberkörper, Armen und Beinen. Sie fördern die Gelenk- und Wirbelsäulenmobilität sowie die Feinmotorik von Händen und Fingern. Gleichzeitig werden Gleichgewicht und Koordination trainiert, was indirekt auch beim Aufstehen und Gehen hilft. Regelmäßige Sitzgymnastik verbessert das Herz-Kreislauf-System (leichte Belastung durch erhöhte Herzfrequenz) und die Durchblutung. Insgesamt trägt sie dazu bei, den altersbedingten Muskel- und Kraftabbau zu verlangsamen und alltägliche Bewegungen besser zu bewältigen.

  • Psychische Ziele: Bewegung aktiviert das ganze Nervensystem und steigert das geistige Wohlbefinden. Schon leichte Gymnastik regt die Gehirnfunktion an – regelmäßige Bewegung kann das Denkvermögen stärken und so geistig fit halten. Die Ausschüttung von Glückshormonen während der Übungen hebt die Stimmung und kann depressive Verstimmungen lindern. Zugleich stärkt Bewegung das Selbstvertrauen. Erfolgserlebnisse in der Übungseinheit (z. B. eine neue Übung schaffen) bauen das Selbstwertgefühl auf und fördern eine positive Einstellung zum eigenen Älterwerden.

  • Soziale Ziele: In Gruppenkursen bietet Sitzgymnastik ein Gemeinschaftserlebnis. Die Teilnehmenden erfahren Zugehörigkeit, tauschen sich aus und unterstützen sich gegenseitig. Durch Gruppenübungen – etwa Bälle-Werfen oder Rhythmik zur Musik – werden soziale Kontakte geknüpft und gefestigt. In entspannter Atmosphäre entstehen oft neue Freundschaften. Gemeinsam lachen und bewegen fördert den Teamgeist und vermindert Einsamkeitsgefühle.

Zusammenfassend dient Stuhlgymnastik der Bewegungserhaltung und –förderung (körperlich), der psychischen Aktivierung und Lebensfreude, sowie der sozialen Teilhabe. Sie ist damit ein ganzheitliches Betreuungsangebot für Pflegeheimbewohner.

 

Vor- und Nachteile der Stuhlgymnastik

Sitzgymnastik bringt viele Vorteile, hat aber auch Grenzen. Nachstehend einige Aspekte, die Betreuungskräfte kennen sollten:

Vorteile:

  • Sicherheit: Da alle Übungen im Sitzen stattfinden, ist die Verletzungs- und Sturzgefahr sehr gering. Selbst hochbetagte oder sehr schwache Personen können mit geringem Risiko mitmachen, da das Halten des Gleichgewichts weitgehend entfällt.

  • Zugang für alle: Übungen erfordern keine Vorerfahrung oder spezielle sportliche Fähigkeiten. Sie sind leicht erlernbar und anpassbar – sogar Rollstuhlfahrer können teilnehmen (übrigens sollte man vorher mit einem Arzt klären, welche Übungen passen).

  • Ganzheitliche Förderung: Stuhlgymnastik verbessert nicht nur einzelne Körperregionen, sondern wirkt sich umfassend auf Wohlbefinden aus. Die Muskulatur wird gekräftigt, Gelenke mobilisiert, Durchblutung und Atmung angeregt. Bewegungsabläufe trainieren zudem die Feinmotorik und das Zusammenspiel der Muskelketten.

  • Motivation durch Spaß: Das gemeinsame Training in der Gruppe motiviert zusätzlich. Musik und Rhythmus bringen Freude – viele Senioren lachen und machen gerne mit. Durch das soziale Miteinander fühlt sich niemand allein, und der regelmäßige Termin schafft Struktur im Alltag.

  • Praktikabilität: Sitzgymnastik braucht kaum Ausrüstung oder Platz. Meist genügt ein Raum mit einigem Abstand zwischen stabilen Stühlen. Dadurch ist es einfach umzusetzen – auch spontan, zum Beispiel als Teil des Nachmittagsprogramms oder als Aktivierung zwischendurch.

Nachteile und Grenzen:

  • Begrenzte Intensität: Im Sitzen kann in der Regel keine starke Ausdauerleistung erbracht werden. Gymnastik im Sitzen stärkt vor allem gezielt einzelne Muskelgruppen (z. B. Rumpf und Arme) und fördert Flexibilität, aber sie ersetzt kein intensives Ganzkörper- oder Herz-Kreislauf-Training. Fatburning-Effekte oder Ausdauerzuwächse sind nur sehr eingeschränkt möglich.

  • Gruppendynamik: In sehr großen Gruppen können Betreuungskräfte den Überblick verlieren, vor allem wenn einige Teilnehmer einen Demenz- oder Orientierungsgrad haben. Es hat sich gezeigt, dass Sitzgymnastik in überschaubaren Gruppen (ca. 5–8 Personen) besser funktioniert, weil jeder Anwesende beachtet wird. Große Gruppen (über 10 Personen) sind mit dementiell Erkrankten schwer lenkbar.

  • Motivationsprobleme: Manche Teilnehmende sind anfangs wenig motiviert oder fühlen sich „zu alt“ dafür. Wenn die Übungsabläufe zu monoton sind oder der Ablauf schlecht gestaltet ist, kann Langeweile auftreten. Hier muss die Leitung kreativ sein (abwechselnde Übungen, Musik, kleine Spiele).

  • Individuelle Einschränkungen: Bei Schmerzen oder erheblichen Bewegungseinschränkungen muss die Kursleitung achtsam sein. Übungen dürfen die Schmerzgrenze nicht überschreiten. Manche Erkrankungen (z. B. akuter Schwindel, schwere Herzleiden) können gegen bestimmte Bewegungen sprechen. Es ist ratsam, im Zweifelsfall mit Ärzten/Physiotherapeuten abzuklären und immer auf die Rückmeldungen der Senioren zu achten.

Trotz der Nachteile überwiegen in der Praxis meist die positiven Effekte, weil Sitzgymnastik eine so niedrigschwellige und sichere Bewegungsform ist.

 

Anleitung zur Durchführung in der Praxis

Für eine erfolgreiche Sitzgymnastikstunde sind sorgfältige Planung und Vorbereitung wichtig. Nachfolgend einige zentrale Punkte:

Vorbereitung und Raumgestaltung: Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre: Licht und Raumtemperatur sollten komfortabel sein. Ordnen Sie die Stühle – idealerweise ohne Armlehnen – in einem Kreis oder Halbkreis an, sodass sich alle Teilnehmenden sehen können. Stellen Sie einen festen, rutschfesten Stuhl bereit (keine Rollen, keine weiche Sitzfläche). Der Untergrund sollte eben und frei von Stolperfallen sein. Halten Sie eine ruhige, aber motivierende Musik bereit. Informieren Sie die Senioren rechtzeitig über Zeit und Ort der Turnstunde, damit sie sich auf die Bewegung freuen können. Fragen Sie vorab nach gesundheitlichen Besonderheiten (z. B. Herzprobleme, Verletzungen, Vorlieben bei Bewegungshindernissen), um Risiken auszuschließen. Zum Teil kann auch eine kurze ärztliche Rücksprache sinnvoll sein (besonders bei Rollstuhlfahrern oder bei kürzlichen Operationen).

Materialbedarf: Die Grundausstattung ist überschaubar. Für jede(n) Teilnehmende*n: ein stabiler Stuhl (am besten mit Rückenlehne zur Stütze). Eventuell Gymnastikmatten für Bodenübungen (falls gewünscht) oder Unterlagen für besseren Halt. Hilfsmittel erhöhen Abwechslung und Trainingsreiz: Weiche Bälle (zum Werfen oder Zusammendrücken), leichte Hanteln oder Wasserflaschen als Gewichte, Gymnastikringe oder Tennisringe, Gummibänder (Thera-Bänder), bunte Tücher oder Schals und kleine Kissen (z. B. als Widerstand zwischen den Knien). Einige dieser Utensilien fördern gezielt bestimmte Fähigkeiten: Ein Ball fördert Koordination, ein Theraband die Armkraft, ein Kissen die Innenschenkelkraft. Stellen Sie sicher, dass jedes Gerät sauber und intakt ist. Legen Sie außerdem Gläser oder Kannen mit Wasser bereit, damit die Gruppe jederzeit trinken kann – auf ausreichendes Trinken nach der Aktivität wird geachtet.

Strukturierter Ablaufplan: Eine Gymnastikstunde gliedert sich typischerweise in mehrere Phasen. Eine bewährte Reihenfolge ist etwa:

  1. Begrüßung und Einstimmung: Sammeln Sie die Teilnehmenden, begrüßen Sie sie, und schaffen Sie eine lockere Atmosphäre. Kurze mentale Aktivierung (z. B. Fragespiel) kann den Einstieg erleichtern.

  2. Aufwärmen/Mobilisation: Beginnen Sie mit sanften, fließenden Bewegungen, um Muskeln und Gelenke auf Betriebstemperatur zu bringen. Beispielübungen: Schulterkreisen, Kopfdrehen (Nacken drehen), Arme langsam heben und senken, Hände ausschütteln oder sanft schütteln. Dazu passt rhythmisches Atmen: langsames Ein- und Ausatmen bereitet den Kreislauf vor. Diese Phase dauert etwa 5–10 Minuten.

  3. Kräftigungsübungen: Kernstück ist die moderate Kräftigung wichtiger Muskelgruppen. Hier können Sie einfache Übungen im Sitzen einbauen: Zum Beispiel ein Kissen oder einen Ball zwischen die Knie klemmen und zusammendrücken (trainiert Oberschenkel). Beinheben im Wechsel (ein Bein vom Boden heben und halten) stärkt Oberschenkel und Rumpf. Armübungen mit leichten Hanteln oder Wasserflaschen (seitliches Anheben, Vorhalteübungen) kräftigen Schultern und Oberarme. Wiederholungen liegen meist bei 8–12 pro Übung, je nach Leistungsstand. Achten Sie darauf, dass die Bewegungen kontrolliert und nicht abrupt ausgeführt werden.

  4. Koordination und Balance: Auch im Sitzen lassen sich Koordinationsfähigkeiten trainieren. Hier eignen sich rhythmische oder spielerische Elemente: Etwa Ballübungen im Sitzen – die Teilnehmenden werfen sich einen weichen Ball zu oder übergeben ihn reihum. Klatsch- oder Trommelübungen fördern die Augen-Hand-Koordination (z. B. im Takt klatschen und zugleich auf den Oberschenkeln trommeln). Arm- und Beinbewegungen können synchronisiert werden (z. B. Hände auf die entgegengesetzten Knie legen, Arm heben, Beine kreuzen). Diese Übungen schulen auch die Aufmerksamkeit. Eine beliebte Variante ist Sitztanz: Bei Musik bewegen alle im Sitzen rhythmisch Arme und Oberkörper, um eine fröhliche Stimmung zu erzeugen.

  5. Dehnung und Entspannung: Zum Abschluss werden die beanspruchten Muskeln gedehnt und eine kurze Entspannung durchgeführt. Beispiele: Arme über den Kopf strecken und zur Seite lehnen, Fußkreisen im Sitzen (Knöchel mobilisieren). Danach können leichte Selbstmassagen an Schultern oder Händen folgen, kombiniert mit bewusstem, ruhigem Atmen. Eine entspannende Musik oder der sanfte Abschlussgruß (z. B. gemeinsames Klatschen oder ein Dankeschön) runden die Einheit ab. Abschließend sollten alle ausreichend trinken (besonders nach längeren Übungen).

Übungskategorien: Übungseinheiten lassen sich grob in Mobilisation, Kräftigung, Koordination und Entspannung unterteilen (siehe oben). Innerhalb dieser Kategorien ist Vielfalt wichtig: Wechseln Sie einfache Übungen für Arme/Hände, Beine/Füße, Rumpf und Kopf miteinander ab. Nutzen Sie dabei verschiedene Hilfsmittel (Bälle für Arm- oder Beinübungen, Tücher für greifübungen). Achten Sie darauf, die einzelnen Bereiche gleichmäßig zu beanspruchen und keine Muskelgruppe zu vergessen. Beispielsweise kann eine Stunde mit einem Mobilisationsblock starten, danach folgen Kräftigungsübungen für Ober- und Unterkörper und zum Schluss eine Entspannungsphase. 

 

Umsetzung in der Praxis

In der Anwendung geht es um konkrete Beispiele und die individuelle Gestaltung des Angebots.

Beispiele für Übungen: Im Folgenden einige typische Übungsideen, die im Pflegeheim oft gut ankommen:



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